Für Jim Metzner sind Klänge jene Zutaten, die sein Publikum Geschichten ganzheitlich erfahren lassen. „Klänge vermitteln mehr Informationen als Worte“, sagt der Mann, der Audio-Storytelling als seine Mission nennt und dessen hauptsächliche Werkzeuge Mikrofon und Aufnahmegerät sind. Seit mehr als 40 Jahren. Er formuliert interessante Einsichten und Empfehlungen in einer Welt, die – so hat es oft den Anschein – nur noch von Bildern und Videos, dominiert wird.
“Der Klang meiner Stimme und von allem, worüber wir sprechen, ist in deinem Kopf. Du bist umgeben vom Raumklang und du machst dir dein eigenes Bild von den Klängen, die dich umgeben. Das tatsächliche Bild ist nur eine Bestätigung. Aber der Klang selber kann dir Dinge erzählen, die ein Bild nicht zu vermitteln vermag.“
Das sagt Jim Metzner auf meine Frage, ob er bei seiner Arbeit Bilder vermisse. Tatsächlich sind Stimme, Klänge und Geräusche die Arbeitswelt des heute 68-Jährigen. 1977 hat Jim Metzner begonnen Radioprogramme zu produzieren. Anfang der 1980er Jahre zum Beispiel „You’re Hearing America“, eine preisgekrönte Reihe von Kurzbeiträgen.
Ein Leben für die Klänge
Seit 1988 produziert Jim Metzner „Pulse of the Planet“, kurze Wissenschaftsbeiträge, die von mehr als 250 öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Radiostationen weltweit ausgestrahlt werden. Mehr als 6000 Episoden sind in den vergangenen knapp 30 Jahren gesendet worden.
Im Sommersemester 2017 war der Audio-Geschichtenerzähler am Fachbereich Kommunikationswissenschaften der Universität Salzburg als Fullbright Scholar zu einem Vortrag eingeladen – der Titel: „Klangreisen“. Jim Metzner nutzte den Aufenthalt um etwa das berühmte Glockenspiel auf dem Residenzplatz mit seinem favorisierten binauralen Mikrofon aufzunehmen.
In einem Interview habe ich Jim Metzner zur Bedeutung von Klängen und Stimmen in der Medienwelt gefragt und welche Rolle Audio in der multimedialen Berichterstattung spielen kann:
Die Stationen der Klangreise
„Was Wörter nicht ausdrücken können, das vermitteln Klänge“, sagt Jim Metzner: „Wir hören mit dem gesamten Körper. Klänge sind die Landung im Unbekannten. Klänge bringen uns an Ort, die kein anderes Medium erreicht.“ Für ihn hat die Reise des Klangberichterstatters vier Stationen, die er in seinem Vortrag so beschrieb:
Station 1: Die Wahl von Ort und Zeit
Da draußen ist immer jemand und etwas, das darauf wartet, aufgenommen zu werden. Aber es muss einen Grund geben, den Aufnahmeknopf zu drücken. Die Klänge müssen es wert sein, sich an sie zu erinnern, weil jemand später seine Zeit investiert, sich diese Klänge, Stimmen und Töne in Echtzeit anzuhören.
Station 2: Tauche tief ein in die Welt der Klänge
Der Autor taucht tief ein in die Welt der Klänge. Arbeitstechnisch trägt er einen Kopfhörer, benutzt ein Stereomikrofon der besten Qualität, die er sich leisten kann. Er geht geplant vor, schießt nicht aus der Hüfte. Innerlich ist er ruhig, aufmerksam, bereit seinen Plan für Besseres zu ändern, alles in allem offen für die Klänge, die ihn umgeben.
Tonaufnahmen sind Dokumente des echten Lebens. Der Klangfänger nimmt stundenlang auf, nur um vielleicht später die 15 entscheidenden Sekunden für die Ewigkeit festgehalten zu haben.
Station 3: Die Klänge werden zur Geschichte geordnet
Die Autorin, der Autor hört sich das Tonmaterial nach der Aufnahme noch einmal an, macht sich unter dem Eindruck des Erlebten Notizen, die helfen die Töne einzuordnen. Später verarbeitet er die Aufnahmen zu einer Geschichte, er bringt die Töne in einen Kontext, in einen Zusammenhang. Das ist seine wichtigste Aufgabe: Geschichten erzählen.
Der Autor braucht Mut zum Experimentieren, wenn er Zusammenhänge herstellt. Die Aufgabe ist, Geschichten mit Klängen zu erzählen.
Station 4: die fertige Arbeit anhören und teilen
Mit den Podcasts ist es einfacher geworden Klanggeschichten öffentlich zu erzählen. Autoren müssen nicht länger zu Radiostationen pilgern und dort um Sendezeit für ihre Produktionen bitten sowie ihre Themen rechtfertigen. Die Formate sind nicht länger Verpflichtung. Der Podcaster sollte tun, was er liebt. Zuerst wird er es auf eigene Kosten tun müssen, doch dann wird er eine Fangemeinde aufbauen, vielleicht sogar von einer der kommerziellen Podcast-Anbieter unter Vertrag genommen werden.
Eileen McAdam, Jim Metzners Frau, fasst die entscheidenden drei Kriterien für Podcasts zusammen:
- unterhaltend
- lehrreich
- persönlich
sollten sie sein. Abschließend fordert Jim Metzner dazu auf Podcast-Pionier zu werden:
„Wir leben in einer Welt der Klänge und wir sollten diese Welt der Klänge (wieder)entdecken.“