Vom Glauben an die Glaubwürdigkeit

„Das Vertrauen in die Berichterstattung von Qualitätsmedien bleibt hoch“, freut sich das ZDF in den eigenen Nachrichtensendungen und auf der „ZDF heute“-Facebook-Seite. Das Zweite hat Mitte November von der „Forschungsgruppe Wahlen“ eine Umfrage über die Glaubwürdigkeit von Medien erstellen lassen. Nach Juni 2015 und Mai 2016 war dies bereits die dritte Befragung, an der 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab 16 Jahren teilnahmen.

Die „Lügenpresse“-Debatte (nicht nur) in Deutschland machen die Beweggründe für die Befragung nachvollziehbar; ebenso die öffentlich vorgetragene Genugtuung über deren Ergebnis. Nicht weniger verwundert die Reaktion darauf auf Facebook.

+2,6 auf einer Skala von -5 bis +5

Analog zum Politbarometer im ZDF sind die Befragungsergebnisse auf einer Skala von -5 bis +5 präsentiert worden:

[Quelle: ZDF]

Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage fasst das ZDF auf seiner Nachrichten-Facebook-Seite überblicksmäßig zusammen:


 339 Kommentare haben sich bis 22 Stunden nach der Veröffentlichung unter dem Video angesammelt. Die meisten von ihnen: kritisch bis bösartig:


aber auch:


Der Kommentator hat Recht: Auf der Website der Forschungsgruppe Wahlen e.V. heißt es wörtlich: „Die Arbeit des Non-Profit-Instituts wird ausschließlich aus Mitteln des ZDF finanziert.“

Preisfrage: Wie groß ist die Gruppe der „Wütenden“?

Der Vorwurf, die Befragung über die Glaubwürdigkeit sei hausgemacht und damit unglaubwürdig, hin oder her: die Gruppe jener „Wütenden“, die den Öffentlich-Rechtlichen Gebührenzwang, Politiknähe, manipulierter Berichterstattung, etc. vorwerfen, wird sich wohl von keiner Befragung bekehren lassen – für sie haben ARD und ZDF (und wohl auch andere Medien) die Glaubwürdigkeit bereits endgültig verloren. Das merkt auch Medienwissenschafter Bernhard Pörksen im ZDF-Bericht über die Befragungsergebnisse an:

„Wir sehen relativ stabile Werte und dann aber auf der anderen Seite eine neue Dimension, eine neue Qualität der Wut in einer Gruppe derjenigen, die die Medien in massiver und besonders aggressiver und in besonders lauter Art und Weise ablehnen, und das sind eigene Verzerrungseffekte.“

Aber wie groß ist die Gruppe dieser „Wütenden“? Die Autoren der Befragung versuchen auf Seite 27 ihres Berichts eine Erklärung anhand der Parteipräferenzen:

„Ein deutlich abweichendes Bild zeigt sich bei den AfD-Anhängern. Sie bewerten die Glaubwürdigkeit aller Medien deutlich schlechter, am auffälligsten die überregionalen Tageszeitungen, aber auch die öffentlich-rechtlichen Sender und deren Nachrichten. Die schlechteste Bewertung erhält auch hier die Bildzeitung. Dagegen kommen die sozialen Medien auffällig besser weg als bei den Anhängern anderer Parteien.“

Also, wie groß ist das Potenzial dieser Gruppe? Nach dem Politbarometer des ZDF von Anfang Dezember 2016 würde die AfD „wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre“ 12 % der Stimmen bekommen. Damit wäre die Alternative für Deutschland nach CDU/CSU und FDP drittstärkste Kraft in Deutschland, noch vor der Linken und den Grünen …

Glaubwürdigkeitszahlen für Österreich im Eurobarometer

Zwei Monate vor dem ZDF hat die EU im Eurobarometer das Vertrauen der Bürger in den Mitgliedsstaaten zum Thema Medien erheben lassen. Mehr als 28.000 wurden befragt, 1600 davon in Österreich. 72 Prozent der Befragten gaben an, „dass die nationalen Medien ihrer Ansicht nach vertrauenswürdige Informationen anbieten. EU-weit liegt dieser Wert dagegen nur bei 53 Prozent“, schreibt Der Standard. Und weiter: „Als besonders zuverlässig betrachten die Österreicher das Radio (78 Prozent), gefolgt vom Fernsehen (77 Prozent) sowie den Zeitungen (66 Prozent). Soziale Medien, Blogs und Videoportale dagegen werden nur von 42 Prozent als vertrauenswürdig eingestuft.“

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