Seit Anfang Juni Guardian-Aufdeckungsjournalist Glenn Greenwald seinen ersten Artikel über die Praktiken des US-Geheimsdienstes NSA veröffentlicht hat, vergeht keine Woche, oft kein Tag ohne neue Enthüllungen, politische Forderungen, internationale Verstimmungen, politische Forderungen, Rechtfertigungsversuche, etc. zur Überwachungs- und Spionageaffäre. Die Suche in Google nach den Begriffen „NSA“ und „Affäre“ brachte heute 3,13 Mio Fundstellen.
Details der Affäre wie das abgehörte Mobiltelefon der deutschen Bundeskanzlerin oder die Asyldebatte um den Lieferanten der brisanten Dokumente, Edward Snowden, bleiben in Erinnerung – der große Überblick über die NSA-Affäre und damit ihre wahres Ausmaß geht über die Monate und mit den vielen Detailenthüllungen aber verloren.
Interaktive, umfangreiche Zusammenfassung
Die britische Tageszeitung „The Guardian„, von der die Berichterstattung über die Daten-Sammelwut der NSA ihren Ausgang genommen hat, stellt diesen großen Überblick her. Mit dem Interactive Guide (wie er auf der Guardian-Website genannt wird „NSA-Files: Decoded. What the revelations mean for you.“ dem Anspruch, dem Leser die Hintergründe, Zusammenhänge und damit die Bedeutung der NSA-Affäre zu verdeutlichen, diesem Anspruch wird das umfangreich Stück beispielshaft gerecht:
Ein langer, gut geschriebener Text, gegliedert in sechs Kapitel wird immer wieder unterbrochen von kurze Video-Interviewsequenzen, Originaldokumenten und aufwändig gestalteten, informativen interaktiven Elementen.
Prädikat: Lesenwert
So wird auch die Bedeutung der Digitalisierung für das Sammeln von Daten durch Geheimdienste behandelt. Ein animierter, interaktiver Globus lässt Interessierte herausfinden wie Nationen durch Glasfaserkabeln, als die Datenautobahnen des Internetzeitalters, untereinander verbunden sind:
Die NSA verteidigt sich gerne mit der Beruhigungsfloskel: „Wer nichts zu verbergen hat, der hat nichts zu befürchten.“ Die Dokumente des Edward Snowden zeigen, wie wir alle, die soziale Netzwerke benutzen oder auch nur telefonieren, in der Rasterfahndung der Geheimdienste (wohl nicht nur der NSA) stehen. Der ausführliche Artikel des Guardian schärft das Bewusstsein dafür, weil darin die Zusammenhänge nachvollziehbar dargestellt werden, mit Kommentaren von Politikern, Bürgerrechtlern aber auch Geheimdienstitarbeitern sowie anschaulichen interaktiven Elementen.
Der Leser muss lediglich Zeit und entsprechende Englischkenntnisse mitbringen.
In „NSA Files: Decoded“ leistet der Guardian das, was vom Journalismus erwartet wird: Dass er Daten und Fakten einordnet, analysiert, Zusammenhänge herstellt. Die NSA-Affäre ist noch lange nicht abgeschlossen. Bleibt zu hoffen, dass die zukünftigen Entwicklungen und Ereignsse ebenso gut in Zusammenhang gebracht werden – von Journalisten des Guardian oder anderer Medien.
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