Zeitung ist Zeitung, Journalismus ist Journalismus

Quelle: http://piqs.deIn der deutschen Zeitungsbranche herrscht seit 25. Juli Aufregung. Grund dafür ist die Entscheidung des Axel-Springer-Konzerns seine Regionalzeitungen, Frauen- und Programmzeitschriften an die Funke-Gruppe zu verkaufen. Diese Entscheidung sorgt für heftige Diskussionen. Und immer wieder wird dem Springerverlag der Vorwurf gemacht, dass er sich mit dem Verkauf vom Journalismus verabschiede. So auch auf Spiegel Online:

Der Springer-Verlag verkauft ein riesiges Paket von Zeitungen und Zeitschriften an die Konkurrenz und entkernt sich damit selbst. Europas größtes Zeitungshaus glaubt offenbar nicht mehr daran, dass man mit Journalismus in Zukunft noch Geld verdienen kann. Ein verlegerischer Offenbarungseid.

Wenn sich Springer von zahlreichen Printprodukten verabschiedet um „eine stringente Digitalisierungsstrategie“ zu verfolgen, dann wird das in Teilen der Branche mit einem Abschied vom Journalismus gleichgesetzt. Keine Tageszeitung = kein Journalismus, so liest sich für mich die Gleichung, die nach dem 920-Millionen-Euro-Deal in den Führungsetagen und Redaktionen deutscher Printunternehmen aufgestellt wird.

Diejenigen, die diese Gleichung am lautesten proklamieren, sind naturgemäß Zeitungsjournalisten. Wenn das Argument, im Digitalen, also im Internet ließe sich kein Geld verdienen, auf Spiegel Online zu lesen ist, dann entbehrt das zusätzlich nicht der Skurrillität. Denn Spiegel Online gewinnt im Gegensatz zum gedruckten Spiegel Leser und verdient Geld.

Abgesehen davon – die Gleichung „keine Tageszeitung = kein Journalismus“ ist jedenfalls falsch. Denn das Zeitungspapier ist nur das Medium, auf dem die journalistischen Beiträge zum Leser tranpsortiert werden. Kein Vertriebskanal jedoch ist entscheidend für die Qualität dessen, was transportiert wird. Eine logische Schlussfolgerung, die für viele so logisch gar nicht ist. Zum Beispiel für Valdo Lehari, den Vorsitzenden des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger. Er verknüpft den Weiterbestand von Tageszeitungen in einem Interview gar damit, wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussehen wird:

Ist das weiterhin eine informierte, aufgeklärte Gesellschaft – oder reicht ein Häppchen-Journalismus, der lediglich aus Überschriften besteht? Für eine aufgeklärte Gesellschaft liefern die Tageszeitungen die Grundversorgung […].

Der grundlegende Irrtum auch in der Journalismus-Debatte nach dem der Springer-Pulbikationen ist die Annahme, dass Qualitätsjournalismus nur auf gedruckten Papier präsentiert werden könne. Diese Meinung teile ich mit Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke, der diese Fehleinschätzung in einer Analyse auf den Punkt bringt:

Dieser Ansatz ist falsch. Er setzt das Trägermedium, das Vehikel, gleich mit dem Produkt, das auf diesem Trägermedium zum Konsumenten transportiert wird. Und das ist ein Irrtum, dem ein strategischer Handlungsfehler zugrunde liegt, der vor Jahren begangen wurde.

Print und Digital sind zunächst einmal Transportwege, zwei Medien im ursprünglichen Wortsinne. Und die Transportmittel von Nachrichten haben sich seit Jahrhunderten ständig verändert. […]

Mit einem bestimmten Journalismus, Qualität oder Junk, hat das Transportmittel zunächst einmal gar nichts zu tun.

Darauf hinzuweisen ist nötig, weil die der Monopolanspruch von Tageszeitungen auf guten Journalismus, wie ihn manche in der Branche stellen, von der tatsächlichen Gefährdung für den Journalismus ablenkt: Die Grundlagen, um anspruchsvollen Journalismus zu betreiben, werden zunehmend weggespart – nicht nur in Zeitungsredaktionen, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Daher muss es in erster Linie um die Frage gehen, wie der Journalismus überleben kann und nicht die Vertriebskanäle, in denen seine Produkte zu den Lesern, Sehern, Hörern und Usern gebracht werden.

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