Print vs. Öffentlich-Rechtliche – immer noch

Anna Biselli, Co-Chefredakteurin bei netzpolitik.org und freie Journalistin, sieht die geplante Reform der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland auf dem falschen Weg. In ihrem Artikel unter dem Titel „Wir müssen über Journalismus für alle reden“ kritisiert sie vor allem den Streit um die Frage, wie sehr das öffentlich-rechtliche Angebot der Presse ähneln darf. Im Online-Zeitalter sei die Trennung zwischen Text, Bild und Ton anachronistisch, schreibt sie.

„Statt das Konzept [erlaubt sind Text in den Onlineangeboten von ARD und ZDF nur dann, wenn sie einen Sendungsbezug haben, Anm. GR] zu stärken, wäre es an der Zeit, den Sendungsbezug tief in die Mottenkiste zu vergraben. Die Diskussion darum lenkt ab von zwei viel größeren Problemen: die Krise der Journalismusfinanzierung und die Krise der Demokratie, die durch mangelnde verlässliche Informationsangebote einen fruchtbaren Boden bekommt.
[…]
Die Ursache der finanziellen Krise des Journalismus ist aber nicht, dass die Öffentlich-Rechtlichen Texte ins Internet schreiben. Und schon gar nicht besteht die Lösung darin, es ihnen zu verbieten. Statt den falschen Gegner zu bekämpfen, sollten wir darüber nachdenken, wie wir vielfältigen Journalismus sichern können, wenn es der Markt nicht mehr kann. Das ist auch Aufgabe der Politik.
[…]
Denn neben dem Journalismus kriselt auch noch etwas anderes: die Demokratie. Dass Menschen sich niedrigschwellig verlässlich darüber informieren können, was um sie herum aus welchen Gründen passiert, ist eine Grundvoraussetzung für eine demokratische Gesellschaft. Wenn nun überall wichtige Informationen hinter Paywalls stecken, füllen Demagogen die Lücken im Sinne ihrer eigenen Agenda. Vermeintliche Skandal-Meldungen lassen sich schnell produzieren und verbreiten, wenn glaubwürdige Angebote nicht zugänglich sind. Das spielt Verschwörungsideologen-Kanal auf Telegram ebenso in die Hände wie den populistischen Hetzern im Gewand von ‚Alternativmedien‘.“

Für die Autorin Anna Biselli ist die „aktuelle Debatte daher fehlgeleitet und führt weg von zwei relevanten Fragen: Wie können wir vielfältigen Journalismus abseits von Werbedatenverkauf und Bezahlschranken finanzieren? Und wie schaffen wir für alle die Möglichkeit, sich umfassend und verlässlich zu informieren?“

2024: 200 journalistische Arbeitsplätze weniger

 Wie wichtig effektive Finanzierungsmodelle für Journalismus sind, zeigt sich auch in der Schweiz. Dort werden in der Branche allein 2024 an die 200 journalistische Arbeitsplätze abgebaut. Das war Thema des Medientalks der SRG und dem Titel „Wie viel Journalismus braucht eine Demokratie?“

Der 47-Minuten-Zusammenschnitt kann hier nachgehört werden

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