Der Lehrmeister der guten Sprache hört auf

Als „das Gewissen der Journalisten, wenn es um gutes Deutsch ging“ bezeichnet der „StandardWolf Schneider, nachdem dieser im Kuratorium für Journalistenausbildung  in Salzburg am 5. Dezember 2012 seinen letzten Auftritt als Lehrer hatte.  Mit 87 Lebensjahren und nach 33 Jahren als Journalistenlehrer beschränkt sich Wolf Schneider nun auf das Schreiben von Büchern. Wer immer ihn als Lehrer erlebt hat, teilt meine Erfahrungen: Wolf Schneider ist ein Sprachpurist, kompromisslos in seiner Kritik.

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“Wenn Journalismus bleibt, wie er ist, bleibt er nicht”

Miriam Meckel (c) Claude Stahel
Beim “Reporter Forum 2012” am 14. Juni hat die Kommunikationswissenschafterin Miriam Meckel in einer Videobotschaft die Herausforderungen für den Journalismus der Zukunft aus ihrer Sicht zusamengefasst. “kress. Der Mediendienst” hat darüber berichtet. Die Zukunft des Journalismus liegt für Meckel nicht mehr darin, die Welt zu erklären, sondern die Dauergespräche und Datenströme zu kuratieren – und dies mit einem möglichst individuellen Stil. Darüber hinaus müssten Journalismus und seine Geschäftsmodelle diverser und wandlungsfähiger werden. Und wer Social Media nicht nutze, verfehle seinen Job, sagte Meckel.

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Rundshow – ein spannender Praxistest

Logo rundshow.deMorgen ist es soweit: Am 14. Mai 2012 um 23.15 Uhr wird  das erste Mal die neuen Fernsehsendung Rundshow des  Bayerischen Fernsehens ausgestrahlt.  Ich bin sehr gespannt. Denn die Rundshow ist der ambuitionierte und transparente Versuch, das lineare Medium Fernsehen mit den interaktiven sozialen Netzwerken zu verknüpfen. Potenzielle Zuseherinnen und Zuseher waren von Beginn an über Facebook, Twitter,   google+,Blog und der eigens für die Sendung etnwickelten App “Die Macht” in die Entstehung der neuartigen Sendung eingebunden. Sie haben den direkten Draht in die Sendung – Fernsehen zum Anfassen nennen das die Macher der Rundshow.

Ich bin auch deshalb gespannt, weil ein ähnliches Projekt im ORF nicht von langer Lebensdauer war: “Contra, der Talk” wurde Ende 2011, nach nur acht Monaten auf Sendung, wieder eingestellt.

Logo rundshow.de

Tomorrow is the day: On May, 14 at a quarter past eleven p.m. Bavarian Television’s new TV programme Rundshow will be aired for the fist time. I am looking forward because the Rundshow is the ambitious and transparent experiment to combine the linear medium television with interactive social media. The potential audience has been involved from the very beginning via Facebook, Twitter,   google+,Blog and the App “Die Macht” (the power) in the emergence of this new kind of TV programme. The audience has a direct line into the live programme – “tangible television” the Rundshow is called by its producers hence.

I am looking forward, too, because a similiar attempt in the ORF, the Austrian Broadcasting corporation, named  “Contra – der Talk“, was canceled after eight months only at the end of 2011.

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Rundumschlag

“Pest oder Cholera” betitelt Tom Schimmeck, Autor des medienkritischen Buchs “Am besten nichts Neues” den Rundumschlag gegen die Journalisten, ihre Geltungssucht, ihre abgehobene Arbeitsweise, etc. Erschienen ist der vernichtende Befund auf vorwärts.de,

Spätestens, seit die ersten Herrscher Order gaben, ihr Antlitz auf Münzen zu prägen, war die Kunst der PR, der Public Relations geboren. Heute kann man dieses Handwerk in Crashkursen und an Hochschulen lernen. Parteien, Konzerne und Verbände, selbst manche Popstars, beschäftigen nun große Stäbe, um sich am Meinungsmarkt zu behaupten. Sie drechseln schlagkräftige Sätze, lancieren ihre Themen, kreieren Ereignisse – „Events“, an denen kein Medienmensch vorbeizukommen glaubt. Das Problem wäre zu verkraften, wenn es genügend Journalisten gäbe, die den Platz, die Zeit und die Ressourcen hätten, die Show immer wieder zu entzaubern.

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Zur Zukunft des Journalismus

Richard Gutjahr – Reporter, Fernsehmoderator, Blogger – ist ein erfahrener Wanderer zwischen der alten Welt der traditionellen Massenmedien und der neuen Medienwelt der Communities, der sozialen Netzwerke und der Multimediajournalisten. Insofern ist es interessant zu hören, wie Richard Gutjahr die Zukunft des Journalismus einschätzt.

Beim Tag des Wirtschaftsjournalismus an der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft am 30. März 2011 hat er folgendes Interview gegeben:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=3x33_VuX9VQ[/youtube]Richard Gutjahr – Reporter, Fernsehmoderator, Blogger – ist ein erfahrener Wanderer zwischen der alten Welt der traditionellen Massenmedien und der neuen Medienwelt der Communities, der sozialen Netzwerke und der Multimediajournalisten. Insofern ist es interessant zu hören, wie Richard Gutjahr die Zukunft des Journalismus einschätzt.

Beim Tag des Wirtschaftsjournalismus an der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft am 30. März 2011 hat er folgendes Interview gegeben:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=3x33_VuX9VQ[/youtube]Richard Gutjahr – Reporter, Fernsehmoderator, Blogger – ist ein erfahrener Wanderer zwischen der alten Welt der traditionellen Massenmedien und der neuen Medienwelt der Communities, der sozialen Netzwerke und der Multimediajournalisten. Insofern ist es interessant zu hören, wie Richard Gutjahr die Zukunft des Journalismus einschätzt.

Beim Tag des Wirtschaftsjournalismus an der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft am 30. März 2011 hat er folgendes Interview gegeben:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=3x33_VuX9VQ[/youtube]

Journalismus im digitalen Zeitalter

Jetzt ist es an der Zeit über das Buch zu schreiben. Über das Buch, an dem seit geraumer Zeit mehr als ein Dutzend Kolleginnen und Kollegen schreiben, die meisten davon aus dem Bereich der neuen Medien. Christian Jakubetz, freier Journalist, Dozent und Blogger, hat es initiiert und auch mich eingeladen, einen Beitrag zu verfassen. Über die Grundlagen von Webvideo. Das Buch hat noch keinen Namen, aber eine klare Idee:

Die digitale Welt verändert den Journalismus. Was dies für den Journalismus bedeutet, wollen wir in einem Buch darstellen – „für alle, die Journalismus neu lernen — oder ihn neu verstehen wollen”. Neu verstehen heißt nach unserem Verständnis allerdings nicht, dass wir für uns in Anspruch nehmen wollten, ihn auch neu zu erfinden. Das muss man ja auch gar nicht, weil es nach wie vor einiges an Grundlagen gibt, die auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht in Frage zu stellen sind. Wir wollen also da anfangen, wo die bisherigen Lehrbücher aufhören.

Christian Jakubetz hat dem Medienmagazin von B5 aktuell des Bayerischen Rundfunk für die Sendung vom 16. 1.2011 ein Interview über das Projekt gegeben.

Jetzt ist es an der Zeit über das Buch zu schreiben. Erstens, weil die ersten  Leseproben da sind – darunter auch von meinem Betirag. Und zweitens, weil das Buch jetzt vorbestellt werden kann. Das ist wichtig – denn nur, wenn ausreichend Vorbestellungen eingehen, wird das Buch auch gedruckt. Daher bitte hier ein Exemplar vorbestellen. Danke..Jetzt ist es an der Zeit über das Buch zu schreiben. Über das Buch, an dem seit geraumer Zeit mehr als ein Dutzend Kolleginnen und Kollegen schreiben, die meisten davon aus dem Bereich der neuen Medien. Christian Jakubetz, freier Journalist, Dozent und Blogger, hat es initiiert und auch mich eingeladen, einen Beitrag zu verfassen. Über die Grundlagen von Webvideo. Das Buch hat noch keinen Namen, aber eine klare Idee:

Die digitale Welt verändert den Journalismus. Was dies für den Journalismus bedeutet, wollen wir in einem Buch darstellen – „für alle, die Journalismus neu lernen — oder ihn neu verstehen wollen”. Neu verstehen heißt nach unserem Verständnis allerdings nicht, dass wir für uns in Anspruch nehmen wollten, ihn auch neu zu erfinden. Das muss man ja auch gar nicht, weil es nach wie vor einiges an Grundlagen gibt, die auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht in Frage zu stellen sind. Wir wollen also da anfangen, wo die bisherigen Lehrbücher aufhören.

Christian Jakubetz hat dem Medienmagazin von B5 aktuell des Bayerischen Rundfunk für die Sendung vom 16. 1.2011 ein Interview über das Projekt gegeben.

Jetzt ist es an der Zeit über das Buch zu schreiben. Erstens, weil die ersten  Leseproben da sind – darunter auch von meinem Betirag. Und zweitens, weil das Buch jetzt vorbestellt werden kann. Das ist wichtig – denn nur, wenn ausreichend Vorbestellungen eingehen, wird das Buch auch gedruckt. Daher bitte hier ein Exemplar vorbestellen. Danke..Jetzt ist es an der Zeit über das Buch zu schreiben. Über das Buch, an dem seit geraumer Zeit mehr als ein Dutzend Kolleginnen und Kollegen schreiben, die meisten davon aus dem Bereich der neuen Medien. Christian Jakubetz, freier Journalist, Dozent und Blogger, hat es initiiert und auch mich eingeladen, einen Beitrag zu verfassen. Über die Grundlagen von Webvideo. Das Buch hat noch keinen Namen, aber eine klare Idee:

Die digitale Welt verändert den Journalismus. Was dies für den Journalismus bedeutet, wollen wir in einem Buch darstellen – „für alle, die Journalismus neu lernen — oder ihn neu verstehen wollen”. Neu verstehen heißt nach unserem Verständnis allerdings nicht, dass wir für uns in Anspruch nehmen wollten, ihn auch neu zu erfinden. Das muss man ja auch gar nicht, weil es nach wie vor einiges an Grundlagen gibt, die auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht in Frage zu stellen sind. Wir wollen also da anfangen, wo die bisherigen Lehrbücher aufhören.

Christian Jakubetz hat dem Medienmagazin von B5 aktuell des Bayerischen Rundfunk für die Sendung vom 16. 1.2011 ein Interview über das Projekt gegeben.

Jetzt ist es an der Zeit über das Buch zu schreiben. Erstens, weil die ersten  Leseproben da sind – darunter auch von meinem Betirag. Und zweitens, weil das Buch jetzt vorbestellt werden kann. Das ist wichtig – denn nur, wenn ausreichend Vorbestellungen eingehen, wird das Buch auch gedruckt. Daher bitte hier ein Exemplar vorbestellen. Danke..

Wikileaks vs. Journalismus

Logo WikileaksWikileaks betreibt keinen Journalismus. Diese Feststellung, wird gerade von Medienmachern in diesen Tagen immer wieder als Argument in der Diskussion vorgebracht, ob der Journalismus versagt hat. Wikileaks stellt Daten und Fakten zur Verfügung, konkret eine Viertel Million diplomatischer Dokumente aus den USA.

Das ist zweifelsohne eine Leistung, aber journalistische Arbeit ist das noch nicht. Die beginnt damit, dass Journalisten diese Daten und Fakten, dieses Rohmaterial, fachkundig aufbereiten, Zusammenhänge herstellen, Schlussfolgerungen ziehen – kurzum den Lesern, Hörern, Sehern und Usern Orientierung geben, welche Bedeutung der Inhalt dieser Dokumente hat.

Das tut Wikileaks nicht; diesen Anspruch erhebt Wikileaks auch gar nicht. Dennoch ist die Feststellung, dass Wikileaks nicht die Arbeit von Journalisten übernimmt, und damit zur Tagesordnung übergegangen wird, zu kurz gegriffen.

 

Warum besorgte sich keine Zeitung die geheimen Depeschen?

Viel zu kurz gegriffen. Denn der Umstand, dass eine Organisation, die kein Medienunternehmen im klassischen Sinn ist, in den Besitz einer Flut geheimer Dokumente kommt und diese auch noch publiziert ohne auf ein klassisches Medium angewiesen zu sein – das hat natürlich nachhaltige Auswirkungen auf den Journalismus.

Welche  Konsequenzen er sieht, formuliert Jay Rosen griffig, provokant und diskussionsanregend in einem Eintrag auf seinem Blog “Pressthink”. Hier sind Auszüge (von mir übersetzt):

Es bedarf “der ersten staatenlosen Nachrichtenagentur” http://jr.ly/5jnk um zu zeigen, welche Statistenrolle unsere Medienunternehmen tatsächlich spielen.

Jene, die vertrauliche Informationen weitergeben, suchen sich ihre Ansprechpartner genau aus. Dass sie Wikileaks und nicht Zeitungen wählen, sagt etwas über die Zeitungen aus.

Die Presse als alleiniger Wächter der Demokratie ist tot. Heute ist ein verteiltes System möglich, das den Mächtigen “auf die Finger schaut”. Die traditionelle Presse ist ein Teil dieses Systems.

Wann immer ein Journalist sich dafür entscheidet, etwas nicht zu berichten, entfremdet er sich dem Publikum. Wikileaks ist darauf ausgelegt diese Entfremdung zu verhindern.

Richtig drollig mutet da die Reaktion der WAZ-Mediengruppe an, die blitzschnell “den ersten anonymen Datenupload einer Zeitung im deutschen Internet eingerichtet. So können Menschen mit Hilfe von geheimen Dokumenten auf Missstände hinweisen – und dabei trotzdem anonym bleiben.”

Der Bürger als freiwilliger Lieferant hochbrisanter Dokumente und Informationen.

Diese Aktion darf über die Diskrepanz nicht hinwegtäuschen: Die Redaktionen werden immer menschenleerer. Redakteurinnen und Redakteure werden gekündigt. Solche die in Pension gehen, bekommen keine Nachfolger. Was bleibt ist immer mehr Arbeit, die immer weniger Journalisten aufgebürdet wird. Journalismus ist aber arbeitsintensiv – vor allem investigativer Journalismus braucht viel Zeit. Zeit, die in den Redaktionen kaum noch zur Verfügung steht.

Bleibt also das Eingeständnis, dass die klassischen Medienunternehmen investigativen Journalismus nicht mehr leisten können.

Bleiben also die Erkenntnisse, …

  • …dass es großzügiger Förderer bedarf, die Institutionen wie ProPublica ermöglichen, in denen hochwertiger Journalismus geleistet wird und die Produkte an Zeitungen verschenken. (Die Präsentation der groß angekündigten Stiftung für investigativen Journalismus “Glasnost” des russischen Oligarchen Alexander Lebedew ist nach Angaben der Austria Presseagentur mittlerweile verschoben worden);
  • … dass sich investigative Journalisten ihre Sponsoren selber suchen wie auf der Plattform Spot.us;
  • … oder dass eben Plattformen wie Wikileaks , BrusselsLeak oder OPenLeaks die Arbeit der Journalisten tun – zumindest was das Besorgen der geheimen Informationen anlangt.

Nachtrag am 16.12.:

Mehrere deutsche Tageszeitung – darunter die taz, die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung – haben einen Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks veröffentlicht. Die Redaktionen sehen in den jüngsten Vorfällen das Funktionieren des Journalismus bedroht:

“Der Journalismus hat nicht nur das Recht, sondern die Aufgabe, den Staat zu kontrollieren und über die Mechanismen des Regierungshandelns aufzuklären. Er stellt Öffentlichkeit her. Ohne Öffentlichkeit gibt es keine Demokratie. Der Staat ist kein Selbstzweck und muss eine Konfrontation mit den eigenen Geheimnissen aushalten. Wir, die Initiatoren und Unterzeichner, fordern, die Verfolgung von Wikileaks, die dem Völkerrecht zuwiderläuft, zu stoppen.”

Nachtrag am 19.12.:

„Nein, Wikileaks ist ganz sicher kein Journalismus“, sagt der Dortmunder Medienwissenschaftler Prof. Claus Eurich in einem Beitrag zum Thema auf “Der Westen“. Aber Wikileaks kann seiner Ansicht nach der Ausgangspunkt für einen seriösen Journalismus sein, der die dargebotenen Fakten prüft.

Auch “Der Standard” befasst sich unter dem Titel “Der Datenmasse einen Sinn geben” mit dem Verhältnis von Wikileaks und dem Journalismus:

“[… ] Millionen Net-Citizens glauben jetzt auch, bei ihrer Informationsbeschaffung nicht mehr auf die, in ihren Augen korrupten, zumindest hoffnungslos zurückgebliebenen “alten Medien” angewiesen zu sein. Das klingt bei vielen Postings durch.

Die Wahrheit in diesem Fall ist allerdings, dass Wikileaks ohne die traditionellen Medien nur einen Bruchteil seiner Wirkung entfaltet hätte. Warum hat Julian Assange wohlweislich ein Abkommen mit einigen der angesehensten Printmedien der Welt geschlossen? Weil die NY Times, der Guardian, der Spiegel, El País und Le Monde die Glaubwürdigkeit, die journalistischen Ressourcen und, jawohl, das Ethos besitzen, der amorphen Datenmasse von 250.000 Botschaftsberichten etc. einen Sinn zu geben.

Seriöser Journalismus besteht aus Überprüfen, Sichten, Einordnen, Bewerten, Interpretieren, Gewichten, aus der Herstellung von Zusammenhängen und Bedeutungskontexten. Dazu bedarf es einer gewissen Qualität, Erfahrung, und, ja, auch Bildung. Darüber verfügen nur Qualitätsmedien. […]”

Logo WikileaksWikileaks betreibt keinen Journalismus. Diese Feststellung, wird gerade von Medienmachern in diesen Tagen immer wieder als Argument in der Diskussion vorgebracht, ob der Journalismus versagt hat. Wikileaks stellt Daten und Fakten zur Verfügung, konkret eine Viertel Million diplomatischer Dokumente aus den USA.

Das ist zweifelsohne eine Leistung, aber journalistische Arbeit ist das noch nicht. Die beginnt damit, dass Journalisten diese Daten und Fakten, dieses Rohmaterial, fachkundig aufbereiten, Zusammenhänge herstellen, Schlussfolgerungen ziehen – kurzum den Lesern, Hörern, Sehern und Usern Orientierung geben, welche Bedeutung der Inhalt dieser Dokumente hat.

Das tut Wikileaks nicht; diesen Anspruch erhebt Wikileaks auch gar nicht. Dennoch ist die Feststellung, dass Wikileaks nicht die Arbeit von Journalisten übernimmt, und damit zur Tagesordnung übergegangen wird, zu kurz gegriffen.

 

Warum besorgte sich keine Zeitung die geheimen Depeschen?

Viel zu kurz gegriffen. Denn der Umstand, dass eine Organisation, die kein Medienunternehmen im klassischen Sinn ist, in den Besitz einer Flut geheimer Dokumente kommt und diese auch noch publiziert ohne auf ein klassisches Medium angewiesen zu sein – das hat natürlich nachhaltige Auswirkungen auf den Journalismus.

Welche  Konsequenzen er sieht, formuliert Jay Rosen griffig, provokant und diskussionsanregend in einem Eintrag auf seinem Blog “Pressthink”. Hier sind Auszüge (von mir übersetzt):

Es bedarf “der ersten staatenlosen Nachrichtenagentur” http://jr.ly/5jnk um zu zeigen, welche Statistenrolle unsere Medienunternehmen tatsächlich spielen.

Jene, die vertrauliche Informationen weitergeben, suchen sich ihre Ansprechpartner genau aus. Dass sie Wikileaks und nicht Zeitungen wählen, sagt etwas über die Zeitungen aus.

Die Presse als alleiniger Wächter der Demokratie ist tot. Heute ist ein verteiltes System möglich, das den Mächtigen “auf die Finger schaut”. Die traditionelle Presse ist ein Teil dieses Systems.

Wann immer ein Journalist sich dafür entscheidet, etwas nicht zu berichten, entfremdet er sich dem Publikum. Wikileaks ist darauf ausgelegt diese Entfremdung zu verhindern.

Richtig drollig mutet da die Reaktion der WAZ-Mediengruppe an, die blitzschnell “den ersten anonymen Datenupload einer Zeitung im deutschen Internet eingerichtet. So können Menschen mit Hilfe von geheimen Dokumenten auf Missstände hinweisen – und dabei trotzdem anonym bleiben.”

Der Bürger als freiwilliger Lieferant hochbrisanter Dokumente und Informationen.

Diese Aktion darf über die Diskrepanz nicht hinwegtäuschen: Die Redaktionen werden immer menschenleerer. Redakteurinnen und Redakteure werden gekündigt. Solche die in Pension gehen, bekommen keine Nachfolger. Was bleibt ist immer mehr Arbeit, die immer weniger Journalisten aufgebürdet wird. Journalismus ist aber arbeitsintensiv – vor allem investigativer Journalismus braucht viel Zeit. Zeit, die in den Redaktionen kaum noch zur Verfügung steht.

Bleibt also das Eingeständnis, dass die klassischen Medienunternehmen investigativen Journalismus nicht mehr leisten können.

Bleiben also die Erkenntnisse, …

  • …dass es großzügiger Förderer bedarf, die Institutionen wie ProPublica ermöglichen, in denen hochwertiger Journalismus geleistet wird und die Produkte an Zeitungen verschenken. (Die Präsentation der groß angekündigten Stiftung für investigativen Journalismus “Glasnost” des russischen Oligarchen Alexander Lebedew ist nach Angaben der Austria Presseagentur mittlerweile verschoben worden);
  • … dass sich investigative Journalisten ihre Sponsoren selber suchen wie auf der Plattform Spot.us;
  • … oder dass eben Plattformen wie Wikileaks , BrusselsLeak oder OPenLeaks die Arbeit der Journalisten tun – zumindest was das Besorgen der geheimen Informationen anlangt.

Nachtrag am 16.12.:

Mehrere deutsche Tageszeitung – darunter die taz, die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung – haben einen Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks veröffentlicht. Die Redaktionen sehen in den jüngsten Vorfällen das Funktionieren des Journalismus bedroht:

“Der Journalismus hat nicht nur das Recht, sondern die Aufgabe, den Staat zu kontrollieren und über die Mechanismen des Regierungshandelns aufzuklären. Er stellt Öffentlichkeit her. Ohne Öffentlichkeit gibt es keine Demokratie. Der Staat ist kein Selbstzweck und muss eine Konfrontation mit den eigenen Geheimnissen aushalten. Wir, die Initiatoren und Unterzeichner, fordern, die Verfolgung von Wikileaks, die dem Völkerrecht zuwiderläuft, zu stoppen.”

Nachtrag am 19.12.:

„Nein, Wikileaks ist ganz sicher kein Journalismus“, sagt der Dortmunder Medienwissenschaftler Prof. Claus Eurich in einem Beitrag zum Thema auf “Der Westen“. Aber Wikileaks kann seiner Ansicht nach der Ausgangspunkt für einen seriösen Journalismus sein, der die dargebotenen Fakten prüft.

Auch “Der Standard” befasst sich unter dem Titel “Der Datenmasse einen Sinn geben” mit dem Verhältnis von Wikileaks und dem Journalismus:

“[… ] Millionen Net-Citizens glauben jetzt auch, bei ihrer Informationsbeschaffung nicht mehr auf die, in ihren Augen korrupten, zumindest hoffnungslos zurückgebliebenen “alten Medien” angewiesen zu sein. Das klingt bei vielen Postings durch.

Die Wahrheit in diesem Fall ist allerdings, dass Wikileaks ohne die traditionellen Medien nur einen Bruchteil seiner Wirkung entfaltet hätte. Warum hat Julian Assange wohlweislich ein Abkommen mit einigen der angesehensten Printmedien der Welt geschlossen? Weil die NY Times, der Guardian, der Spiegel, El País und Le Monde die Glaubwürdigkeit, die journalistischen Ressourcen und, jawohl, das Ethos besitzen, der amorphen Datenmasse von 250.000 Botschaftsberichten etc. einen Sinn zu geben.

Seriöser Journalismus besteht aus Überprüfen, Sichten, Einordnen, Bewerten, Interpretieren, Gewichten, aus der Herstellung von Zusammenhängen und Bedeutungskontexten. Dazu bedarf es einer gewissen Qualität, Erfahrung, und, ja, auch Bildung. Darüber verfügen nur Qualitätsmedien. […]”

Logo WikileaksWikileaks betreibt keinen Journalismus. Diese Feststellung, wird gerade von Medienmachern in diesen Tagen immer wieder als Argument in der Diskussion vorgebracht, ob der Journalismus versagt hat. Wikileaks stellt Daten und Fakten zur Verfügung, konkret eine Viertel Million diplomatischer Dokumente aus den USA.

Das ist zweifelsohne eine Leistung, aber journalistische Arbeit ist das noch nicht. Die beginnt damit, dass Journalisten diese Daten und Fakten, dieses Rohmaterial, fachkundig aufbereiten, Zusammenhänge herstellen, Schlussfolgerungen ziehen – kurzum den Lesern, Hörern, Sehern und Usern Orientierung geben, welche Bedeutung der Inhalt dieser Dokumente hat.

Das tut Wikileaks nicht; diesen Anspruch erhebt Wikileaks auch gar nicht. Dennoch ist die Feststellung, dass Wikileaks nicht die Arbeit von Journalisten übernimmt, und damit zur Tagesordnung übergegangen wird, zu kurz gegriffen.

 

Warum besorgte sich keine Zeitung die geheimen Depeschen?

Viel zu kurz gegriffen. Denn der Umstand, dass eine Organisation, die kein Medienunternehmen im klassischen Sinn ist, in den Besitz einer Flut geheimer Dokumente kommt und diese auch noch publiziert ohne auf ein klassisches Medium angewiesen zu sein – das hat natürlich nachhaltige Auswirkungen auf den Journalismus.

Welche  Konsequenzen er sieht, formuliert Jay Rosen griffig, provokant und diskussionsanregend in einem Eintrag auf seinem Blog “Pressthink”. Hier sind Auszüge (von mir übersetzt):

Es bedarf “der ersten staatenlosen Nachrichtenagentur” http://jr.ly/5jnk um zu zeigen, welche Statistenrolle unsere Medienunternehmen tatsächlich spielen.

Jene, die vertrauliche Informationen weitergeben, suchen sich ihre Ansprechpartner genau aus. Dass sie Wikileaks und nicht Zeitungen wählen, sagt etwas über die Zeitungen aus.

Die Presse als alleiniger Wächter der Demokratie ist tot. Heute ist ein verteiltes System möglich, das den Mächtigen “auf die Finger schaut”. Die traditionelle Presse ist ein Teil dieses Systems.

Wann immer ein Journalist sich dafür entscheidet, etwas nicht zu berichten, entfremdet er sich dem Publikum. Wikileaks ist darauf ausgelegt diese Entfremdung zu verhindern.

Richtig drollig mutet da die Reaktion der WAZ-Mediengruppe an, die blitzschnell “den ersten anonymen Datenupload einer Zeitung im deutschen Internet eingerichtet. So können Menschen mit Hilfe von geheimen Dokumenten auf Missstände hinweisen – und dabei trotzdem anonym bleiben.”

Der Bürger als freiwilliger Lieferant hochbrisanter Dokumente und Informationen.

Diese Aktion darf über die Diskrepanz nicht hinwegtäuschen: Die Redaktionen werden immer menschenleerer. Redakteurinnen und Redakteure werden gekündigt. Solche die in Pension gehen, bekommen keine Nachfolger. Was bleibt ist immer mehr Arbeit, die immer weniger Journalisten aufgebürdet wird. Journalismus ist aber arbeitsintensiv – vor allem investigativer Journalismus braucht viel Zeit. Zeit, die in den Redaktionen kaum noch zur Verfügung steht.

Bleibt also das Eingeständnis, dass die klassischen Medienunternehmen investigativen Journalismus nicht mehr leisten können.

Bleiben also die Erkenntnisse, …

  • …dass es großzügiger Förderer bedarf, die Institutionen wie ProPublica ermöglichen, in denen hochwertiger Journalismus geleistet wird und die Produkte an Zeitungen verschenken. (Die Präsentation der groß angekündigten Stiftung für investigativen Journalismus “Glasnost” des russischen Oligarchen Alexander Lebedew ist nach Angaben der Austria Presseagentur mittlerweile verschoben worden);
  • … dass sich investigative Journalisten ihre Sponsoren selber suchen wie auf der Plattform Spot.us;
  • … oder dass eben Plattformen wie Wikileaks , BrusselsLeak oder OPenLeaks die Arbeit der Journalisten tun – zumindest was das Besorgen der geheimen Informationen anlangt.

Nachtrag am 16.12.:

Mehrere deutsche Tageszeitung – darunter die taz, die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung – haben einen Appell gegen die Kriminalisierung von Wikileaks veröffentlicht. Die Redaktionen sehen in den jüngsten Vorfällen das Funktionieren des Journalismus bedroht:

“Der Journalismus hat nicht nur das Recht, sondern die Aufgabe, den Staat zu kontrollieren und über die Mechanismen des Regierungshandelns aufzuklären. Er stellt Öffentlichkeit her. Ohne Öffentlichkeit gibt es keine Demokratie. Der Staat ist kein Selbstzweck und muss eine Konfrontation mit den eigenen Geheimnissen aushalten. Wir, die Initiatoren und Unterzeichner, fordern, die Verfolgung von Wikileaks, die dem Völkerrecht zuwiderläuft, zu stoppen.”

Nachtrag am 19.12.:

„Nein, Wikileaks ist ganz sicher kein Journalismus“, sagt der Dortmunder Medienwissenschaftler Prof. Claus Eurich in einem Beitrag zum Thema auf “Der Westen“. Aber Wikileaks kann seiner Ansicht nach der Ausgangspunkt für einen seriösen Journalismus sein, der die dargebotenen Fakten prüft.

Auch “Der Standard” befasst sich unter dem Titel “Der Datenmasse einen Sinn geben” mit dem Verhältnis von Wikileaks und dem Journalismus:

“[… ] Millionen Net-Citizens glauben jetzt auch, bei ihrer Informationsbeschaffung nicht mehr auf die, in ihren Augen korrupten, zumindest hoffnungslos zurückgebliebenen “alten Medien” angewiesen zu sein. Das klingt bei vielen Postings durch.

Die Wahrheit in diesem Fall ist allerdings, dass Wikileaks ohne die traditionellen Medien nur einen Bruchteil seiner Wirkung entfaltet hätte. Warum hat Julian Assange wohlweislich ein Abkommen mit einigen der angesehensten Printmedien der Welt geschlossen? Weil die NY Times, der Guardian, der Spiegel, El País und Le Monde die Glaubwürdigkeit, die journalistischen Ressourcen und, jawohl, das Ethos besitzen, der amorphen Datenmasse von 250.000 Botschaftsberichten etc. einen Sinn zu geben.

Seriöser Journalismus besteht aus Überprüfen, Sichten, Einordnen, Bewerten, Interpretieren, Gewichten, aus der Herstellung von Zusammenhängen und Bedeutungskontexten. Dazu bedarf es einer gewissen Qualität, Erfahrung, und, ja, auch Bildung. Darüber verfügen nur Qualitätsmedien. […]”

Vom Elend der Meinungsmache

In einem Gastkommentar in DER STANDARD vom 11. Movember 2010 analysiert der freie Publizist Gerhard Zeilinger die Berichterstattung der Boulevardzeitungen “Österreich” und “Heute” im Fall Oberhauser.  Gegen Ende seines Artikels erweitert Zeilinger den Blickwinkel vom speziellen Fall zum  allgemeinen Blick auf die heimischen Medien und fragt: In einem Gastkommentar in DER STANDARD vom 11. Movember 2010 analysiert der freie Publizist Gerhard Zeilinger die Berichterstattung der Boulevardzeitungen “Österreich” und “Heute” im Fall Oberhauser.  Gegen Ende seines Artikels erweitert Zeilinger den Blickwinkel vom speziellen Fall zum  allgemeinen Blick auf die heimischen Medien und fragt: In einem Gastkommentar in DER STANDARD vom 11. Movember 2010 analysiert der freie Publizist Gerhard Zeilinger die Berichterstattung der Boulevardzeitungen “Österreich” und “Heute” im Fall Oberhauser.  Gegen Ende seines Artikels erweitert Zeilinger den Blickwinkel vom speziellen Fall zum  allgemeinen Blick auf die heimischen Medien und fragt: (mehr …)